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Johanneum Neu St.Johann

2018

Beschaffung:
Wettbewerb mit Präqualifikation (81)
Auszeichnung:
4. Rang (19)
Zusammenarbeit:
Hager Partner, Zürich; Lauber Ingenieure, Luzern & Simone Emmenegger, Langenthal
Konstruktion:
Holzbauweise
Karte

Ort | Das Benediktinerkloster Neu St. Johann wurde in den Jahren 1626 bis 1680 erbaut. Damals in freier Landschaft stehend, wurde die Klosteranlage in mehreren Etappen erweitert, bis diese heute als Konglomerat verschiedener Baukörper unterschiedlicher Zeitepochen in Erscheinung tritt. Am Ursprung steht die barocke Kirche mit den dazugehörigen Konventbauten und der Friedhofsanlage. Weitere markante Vertreter der Anlage sind der Birkenhof aus dem Jahre 1929 oder der Betonbau aus dem Jahre 2003.

Typischerweise nehmen die Bauten in ihrer Setzung Bezug zum Hauptbau und können dadurch trotz unterschiedlicher Baustile und Materialien als zusammengehörige Einheit gelesen werden. Dieser Bezug zum Hauptbau in Setzung und Geometrie kann als Modell der benediktinischen Klosteranlage auch beim Klosterplan von St. Gallen sehr schön gelesen werden.

Absicht | Es wird beabsichtigt das neue Zentralgebäude des Johanneums als zeitgenössischen Bau zu realisieren, der jedoch in seiner Ausdrucksweise als zurückhaltend und unaufgeregt in Erscheinung treten soll. In Anlehnung des Klosterplanes soll sich der Neubau in die Gesamtanlage integrieren und Bezüge zum Hauptbau aufnehmen.

Aufgrund seiner Positionierung vermag das neue Zentralgebäude auf verschiedene Seiten hin spezifische Aussenräume zu definieren. So soll zum Beispiel eine Aufwertung der Ankunftssituation entstehen und bestehende Durchblicke weiterhin ermöglicht und verbessert werden. Die historisch gewachsene Torsituation beim Zugangshof soll auch weiterhin einen subtilen Übergang zwischen Öffentlichkeit und Halböffentlichkeit bilden.

Setzung | Das neue Zentralgebäude sitzt in der Achse des nördlichen Eckrisalits des Konventbaus. So wird ein orthogonales, räumliches Prinzip aufgebaut, das Bezug zum Klosterbau aufnimmt und gleichzeitig vier unterschiedliche Aussenräume definiert.

1. Zugangshof: Durch die Überschiebung des Bauvolumens zur Gebäudeflucht des Hauses Domino entsteht zusammen mit dem Kirchenvorplatz eine gefasste Ankunftssituation. Von hier aus sind das neue Zentralgebäude und die bestehenden Hauptbauten wie Kirche und das Foyer Haus Domino erschlossen.

2. Gemeinschaftsplatz: Auf der Westseite des Zentralgebäudes – zur Sonne hin orientiert – befindet sich ein grosser Gemeinschaftsplatz. Er wird gegen Norden hin durch einen Niveausprung und das Baumvolumen des Spielhaines abgegrenzt.

3. Spielhain: Der bereits bestehende Spielplatz kann in seiner Form bestehen bleiben und stellt mit seinem Baumbestand ein weiteres Geviert der orthogonal gegliederten Anlage dar.

4. Nutzgarten: Der spangenartige Betonbau definiert zusammen mit dem Zentralgebäude den vierten Freiraum. Der Nutzgarten und der Aussensitzplatz bieten dem Bewohner und Besucher einen angenehm dimensionierten und etwas intimeren Aussenraum.

Typologie | Das neue Zentralgebäude tritt im Kontrast zu den umliegenden Gebäuden als Holzbau in Erscheinung. Einzig der mittig gelegene Kernbau ist als Massivbau konzipiert – weshalb von einer Hybridbauweise gesprochen werden kann.

Die einfache, klare Struktur des Hauses bestimmt auch dessen Ausdrucksweise. Diese Absicht gründet auch in den ebenso klar strukturierten Bauten der Klosteranlage. Trotz des materiellen Unterschieds entsteht eine starke Verwandtschaft zur klösterlichen Umgebung.

Material | Der Holzbau nimmt im muralen Kontext der Klosteranlage eine Sonderstellung ein, was die Bedeutung und Funktion des Zentralgebäudes unterstreicht. Die ruhige, klar strukturierte Ausdrucksweise bindet den Bau mit seiner Umgebung zusammen. Blickt man über die Klosteranlage hinweg, ist der Holzbau eine tradierte, ortsansässige Bauweise die vertraut ist und Identität schafft. Neben der in Weiss getünchten Holzstruktur, verleihen Farbtupfer in Gelb, Blau und Grün eine erfrischende Atmosphäre. Abgerundet wird dieser Dreiklang mit einem Kastenienbraun, welches sich in den Holzrollos des Free Flows, dem Mobiliar und dem Terrazzoboden wiederfindet. Die Farbigkeit der einzelnen Elemente schafft zudem Assoziationen – so spannt sich beispielsweise das Blau der Dachuntersichten wie ein Himmelszelt über die Struktur .

Struktur | In seiner Längsachse ist das Gebäude dreigeteilt. Der massiv betonierte Infrastrukturkern wird beidseits durch Flügelbauten begleitet. Im Westflügel befinden sich das Café und der Speisesaal, im Ostflügel die Zentralküche und der Haupteingang mit Shop. Die beiden Flügelbauten werden durch eine Sparrenkonstruktion überspannt , welche wiederum pro Flügelbau mittels Bug auf den Kernbau abgestützt ist. So entsteht eine Art Haus in Haus Prinzip, welches im Innern stark raumprägend wirkt. In jedem Flügel erscheint somit eine symmetrische Tragstruktur, die in ihrer Repetition eine grosse Ruhe, Kraft und Geborgenheit ausstrahlt. Diese Struktur lässt in der Anordnung und Bespielung der Nutzungen eine grosse Flexibilität zu – auch für spätere Veränderungen.

Tragwerk | Die Lastabtragung erfolgt über die vier Längsachsen auf den beiden Aussenwänden sowie in der Gebäudemitte. Im Achsabstand von 1.80 m leiten die Sparren als Primärtragwerk die äusseren Einwirkungen auf die Aussenstützen bzw. auf die Innenwände. In der Feldmitte werden die Sparren von Bugstreben unterstützt. Diese halbieren die Spannweite und übergeben auf halber Raumhöhe die vertikalen wie auch die horizontalen Kräfte auf den innern Kernbau. Durch die symmetrische Anordnung der Bugstreben heben sich die horizontalen Schubkräfte auf. Über die darunterliegenden Querwände werden die lateralen Kräfte aus Wind und Erdbeben sicher in die Fundamente abgetragen. Das Sekundärtragwerk besteht aus gedämmten Hohlkastenelementen, welche die Sparren parallel zur Traufe als Mehrfeldträger überspannen. Zudem bilden diese eine Dachscheibe zur Aussteifung. Aufgesetzte Aufschieblinge tragen das Vordach aus massiven Holzbohlen.

Gastrokonzept | Der Gästeflügel ist multifunktional bespielbar. Verschiedene Nutzungsszenarien sind möglich. Über eine Schiebewand im vorderen Bereich lässt sich nach Bedarf das Café einfach vom restlichen Gästeraum abtrennen. Für Grossanlässe wie die Toggenburger Tanznacht kann der ganze Gästeflügel freigespielt werden. Dazu werden die mobilen Free Flow Elemente bequem in den Kernbau verstaut und das Mobiliar über den Warenlift ins Untergeschoss gebracht.

Im Ostflügel ist die Zentralküche angeordnet. Vom Zugangshof her kann diese beliefert werden und der vorgelagerte Nutzgarten bietet saisonale und frische Zutaten in unmittelbarer Nähe.

Zwischen den Kücheneinheiten und dem Kernbau befindet sich eine durchgehende Erschliessungszone, die sowohl die Kücheneinheiten untereinander als auch den Gästeraum effizient bedient, was kurze Arbeitswege mit sich bringt. Im Kernbau – geschützt vor Sonne und Licht – befinden sich die Kühl- und Lagerräume, sowie die Erschliessung der Untergeschossräume und die Technik (z.B. Belüftung Küche und Gastraum). Diese Anordnung ermöglicht wiederum freigestellte Fassaden, die attraktive Arbeits- und Ausbildungsplätze (Zentralküche) und einen offenen Gastraum mit Terrasse ermöglicht.

Landschaft | Die Setzung des neuen Zentralgebäudes hat zum Ziel den Auftakt in das Klosterareal neu zu gliedern und einen neuen der Anlage würdigen Eingangsbereich zu schaffen. Die städtebauliche Setzung des Baukörpers wird begleitet durch eine klare und einfache Ausarbeitung unterschiedlicher Freiräume.

Im Zentrum steht hierbei ein neu geschaffener Zugangshof, von dem aus das neue Zentralgebäude und auch die bestehenden Bauten erschlossen werden (Klosterkirche, Haus Domino etc.). Der Eingangsplatz nimmt den mit einem Baumhain beschatteten Besucherparkplatz in direkter Nähe zum Friedhof auf. Im Schatten der neu gepflanzten Linde kann man sich auf der Informationstafel über die Historie der Anlage informieren oder sich einen Schluck Wasser vom neuen Trinkbrunnen gönnen, bevor man den Platz quert und das neue Zentralgebäude betritt.

Auf der Ostseite des Zentralgebäudes wird der Küche im Neubau ein Kräuter- und Küchengarten zugeordnet. Auf der Westseite des Neubaus findet der Besucher einen einfachen Gemeinschaftsplatz wieder (Kies), der für verschiedenste Veranstaltungen genutzt werden kann (Johanneumsfest etc.).

Die durchgängige Terrasse entlang des Gebäudes, kann von den Räumen des Neubaus aus gut bespielt werden. Der Gemeinsachftsplatz ist von einer umläufigen Mauer-Treppenabfolge gefasst, die je nach Situation verschieden ausformuliert wird. Im Übergang zum Kloster vis-à-vis stellt sich die einfache räumliche Fassung des Gemeinschaftsplatzes durch Sitzbänke und einen Materialwechsel dar, entwickelt sich auf seiner Westseite zur mit einem Brunnentrog kombinierten Sockelmauer um dann zum südlich angrenzenden Spielplatz als Sitzmauer ausformuliert zu werden.

Der mit den vorhandenen Bäumen und wenigen Neupflanzungen beschattete Spielhain in direkter Nachbarschaft zum offenen Gemeinschaftsplatz ist im Süden durch eine Spielwiese ergänzt. Aus dem Dialog von Zugangshof, Gemeinschaftsplatz und Spielhain wird das Zentralgebäude um verschiedene Freiräume mit unterschiedlichen Aufgaben und Bespielungsmöglichkeiten bereichert. Sie laden zur vielfältigen Benutzung ein und stellen ein eigenständiges Angebot im Rahmen der Gesamtanlage des Johanneums dar.

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